Am Freitag, dem 17. Februar 2023 präsentierte die Universitätsbibliothek Bologna die Ausstellung “Spuren aus Armenien” im Atrium des großen Saales im Rahmen des internationalen Kongresses “Armenia, un popolo plurimillenario" (Die jahrtausendealte Geschichte des armenischen Volkes), gesponsert von der Alma Mater Studiorum von Bologna. Bei dieser Gelegenheit wurde eine von Haltadefinizione produzierte digitale Kopie der “Karte von Armenien” des Grafen Luigi Ferdinando Marsili (Konstantinopel, 1691) in Gigapixel-Auflösung projiziert.
Rolle 24 des Marsili-Archivs, auf der Rückseite beschriftet mit “Tabula Chorographica Armenica”, ist eine außergewöhnliche Landkarte der armenischen Kirche. Sie wurde 1991 während der Vorbereitungsarbeiten für eine Ausstellung über Landkarten mit dem Titel “Entdeckungen in der Bibliothek” gefunden. Die Karte besteht aus 16 auf Leinwand geklebten Papierblättern und misst beeindruckende 358 x 120 cm. Ihre farbenfrohen mit Wasserfarben gemalten Bilder und Beschriftungen auf Armenisch zeigen Hunderte von Klöstern, Kirchen, Klausen, Schreinen und Andachtsstätten, aufgeteilt in vier Bezirke oder “Katholikate”, die zur Zeit ihrer Entstehung existierten.
In der digitalen Bibliothek der Universität Bologna (BUB Digitale) können Sie die außerordentliche Detailgenauigkeit der Vorder- und Rückseite der digitalisierten Karte von Haltadefinizione bewundern.
Zusätzlich zur monumentalen armenischen Karte wurde auch eine weitere Auswahl wertvoller Dokumente und Rollen aus dem Marsili-Archiv digitalisiert. Die Stitching-Technologie, bei der ausgehend von einem sogenannten Nodalpunkt erstellte Aufnahmen unter Beibehaltung der korrekten Proportionen zu einem großformatigen Bild zusammengefügt werden, ermöglicht die Digitalisierung unterschiedlichster Formate mit einer Auflösung von bis zu 1000 ppi.
Je nach Größe der digital zu erfassenden Dokumente werden bis zu einige hundert Einzelfotos erstellt. Diese werden dann mithilfe eines Stitching-Algorithmus zusammengefügt, der ein Bild mit außergewöhnlich hoher Auflösung erzeugt. Der Arbeitsablauf erfolgt unter Einhaltung strenger Vorsichtsmaßnahmen zum Schutz der fotografierten Werke.
Haltadefinizione hat die Digitalisierung der großen und sehr großen Formate des Marsili-Archivs der Universitätsbibliothek Bologna im Rahmen des Projektes „Luigi Ferdinando Marsili Museum“ durchgeführt, mitfinanziert von der Carisbo Foundation.
Die Ausstellung
Die Universitätsbibliothek Bologna verfügt wie viele andere historische Bibliotheken in Italien über zahlreiche alte Dokumente in armenischer Sprache, sowohl in der Form von Handschriften als auch gedruckt; dies verweist auf die tief verwurzelten kulturellen Beziehungen zwischen Italien und dem armenischen Volk seit dem frühen Mittelalter. Außer der armenischen Karte des Grafen Marsili (Kontantinopel, 1691), zu besichtigen dank der kürzlich von der Bibliothek erworbenen ultra-hochauflösenden Bilder, bietet die Ausstellung den Besuchern auch noch zahlreiche andere der bedeutendsten Stücke der Sammlung. Hervorzuheben sind hier drei illuminierte Handschriften und neun Druckbände, von denen jedes Exemplar einen bestimmten Moment in den italienisch-armenischen Beziehung repräsentiert bzw., allgemein ausgedrückt, die durch Bücher zum Ausdruck gebrachten Kontakte zwischen Armeniern, Italien und Europa.
Das außergewöhnlichste Stück stellt die „armenische Karte“ des Grafen Luigio Ferdinando Marsili dar (BUB, rot. 24), die er 1691 im damaligen Konstantinopel in Auftrag gegeben hatte. Genau drei Jahrhunderte später tauchte sie unerwartet wieder in den Lagerbeständen der Bibliothek auf.
Die alte armenische Kunst der handschriftlichen Bücher ist vertreten durch drei prachtvolle illustrierte Kodizes (Ms. Nr. 3290, 3291 und 3292). Diese wurden dem “Bologneser Papst” Benedikt XIV. vom ersten armenischen katholischen Patriarchen, Abraham Petros Ardzivian übergeben, als dieser 1742 zu seiner Weihe nach Rom kam. Unter diesen drei Manuskripten sticht besonders das kleine Evangelium hervor (Ms. 3290) – ein Meisterwerk, das nicht nur mit seinem wunderschönen Einband aus Edelmetallen bezaubert, sondern auch und vor allem durch seine zahlreichen detailreich, luxuriös und teilweise in Gold ausgeführten Miniaturen (sowohl ganzseitig als auch als Verzierungen am Rand).
Die Auswahl der alten armenischen Druckwerke, von denen zahlreiche im Besitz der Universitätsbibliothek sind, umfasst neun Werke, einige davon besonders selten und wertvoll. Das älteste ausgestellte Buch ist die „Oskan-Bibel“, die erste gedruckte armenische Bibel, hergestellt 1666 in Amsterdam. Von dieser Luxusedition existieren nur sechs Stück weltweit, eines davon in der BUB. Daneben werden die zwei Exemplare der „Mechitar-Bibel“, ebenfalls im Bestand der BUB, gezeigt, gedruckt in Venedig zwischen 1733 und 1735 von Mechitar von Sebasteia (1676-1749), Gründer des Ordens der Mechitaristen auf der Insel San Lazzaro in Venedig. Von diesen ist besonders ein Exemplar außerordentlich wertvoll (A.M.O.V.1). Die Ausstellung umfasst noch weitere Werke, gedruckt sowohl von Armeniern, Italienern oder Personen und Institutionen anderer Länder, entweder zum Zweck der Missionierung oder bestimmt für das Studium der armenischen Sprache und Zivilisation.
Die letzten beiden ausgestellten Bände schließlich spiegeln die außergewöhnliche kulturelle Aktivität der Mechitaristen-Mönche von San Lazzaro wider, die diese über Druckwerke nach außen tragen konnte. Zuerst die Geschichte des armenischen Volkes von Vater Mikʿayēl Čʿamčʿean, veröffentlicht in drei Bänden (Venedig, 1784-1786), die diese Geschichte aus einem modernen wissenschaftlichen Blickwinkel beleuchtet. Beim zweiten Werk handelt es sich um die armenische Paralipomena von Filone Alessandrino (1. Jh. v. Chr. – 1. Jh. n. Chr.), veröffentlicht von Vater Giovan Battista Aucher (Venedig, 1826). Letzteres sowie frühere Editionen von im frühen 19. Jahrhundert von den Mechitaristen herausgegebenen Werke griechischer Literatur, die nur in ihren alten armenischen Übersetzungen erhalten sind, riefen großes Interesse bei italienischen und europäischen Gelehrten, darunter Giacomo Leopardi hervor.